Aus der Praxis des Sachverständigen
Im Auftrag von Versicherungen und Gerichten beurteilen Sachverständige Ölschäden sowie deren Ursachen. Häufig wären viele dieser Schäden und die daraus folglich entstanden Kosten leicht zu vermeiden gewesen.
So sollte es nach einer Befüllung im Heizöllagerraum nicht aussehen!
Verhängnisvoller Fehler: Hier wurde die komplette Füllleitung schlicht und einfach demontiert und auf die Entlüftungsleitung gelegt.
Seit dem 1. August 2017 gilt die Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV). Die AwSV verweist auf die technischen Regeln wassergefährdender Stoffe (TRwS) als allgemein anerkannte Regeln der Technik. Die TRwS 791 „Heizölverbraucheranlagen“ konkretisiert die wasserrechtlichen, technischen und betrieblichen Anforderungen im Sinne § 62 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) und der AwSV. Im Anhang C der TRwS 791 werden detailliert die Sorgfaltspflichten des Tankwagenfahrers bei der Befüllung von Heizölverbraucheranlagen klar und deutlich beschrieben. Im besten Falle sollten dem Lieferanten diese Pflichten aber auch bekannt sein.
Grundsätzlich obliegt dem Geschäftsherrn (i. d. R. dem Mineralölhändler) die Schulungs- und Unterweisungspflicht seiner Tankwagenfahrer. Diese regelmäßig durchzuführende Jahresunterweisungen sollten zeitlich angemessen, nachvollziehbar und dokumentiert durchgeführt werden. Nur wenn der Befüller die Technik der Tankanlagen und die damit verbundenen Risiken versteht, kann er eine Tankanlage sicher befüllen.
Aufgrund des vorbeugenden Gewässerschutzes werden an den Tankwagenfahrer Anforderungen gestellt. Der Öllieferant wird vom Anlagenbetreiber meist als Fachmann angesehen, auch weil er die Gefahren des Betankens von Tankanlagen in aller Regel besser einschätzen kann, als der Besteller. Der Lieferant hat somit alle zumutbaren
Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, um Schäden an Böden und Gewässern zu vermeiden.
Überfüllschäden betreffen häufig die oberirdischen und nicht prüfpflichtigen Tankanlagen außerhalb von Risiko- und Schutzgebieten. Viele dieser Tankanlagen und deren Sicherheitseinrichtung sind in die Jahre gekommen und weisen altersbedingte Veränderungen auf. Das können erkennbare Verformungen, Verfärbungen oder Versprödungen sein. Wobei die Gefahr in der langsamen Veränderung liegt, die optisch zwischen den Befüllungen kaum wahrzunehmen ist. Ein auffälliger HEL-Geruch kann ebenfalls auf eine Alterung von Kunststofftanks hinweisen.
Auffangräume unterliegen einem Alterungsprozess und sollten regelmäßig auf ihre Unversehrtheit und damit Dichtheit überprüft werden. Denn im Notfall sollen Sie auslaufendes Öl sicher auffangen und zurückhalten können.
Ältere oberirdische Tankanlagen werden häufig noch im Zweistrangsystem mit einer Vor- und Rücklaufleitung betrieben, hier muss die Rücklaufleitung stillgelegt werden. Viele Überfüllschäden entstehen durch eine sogenannte Selbstüberfüllung, da der Rücklauf nur in einen Tank führt.
Grenzwertgeber dürfen nicht vorsätzlich angefahren oder benutzt werden. Trotzdem sind sie immer wieder ursächlich für Überfüllschäden, weil andere Methoden zur Ermittlung des max. Füllstandes nicht herangezogen werden. Grenzwertgeber „alter Bauart“ (eingebaut bis ca. 1984) mit Lochöffnungen, müssen jährlich durch einen Fachbetrieb auf ihre ordnungsgemäße Funktion überprüft werden. Durch zugesetzte Luftaustrittslöcher am Kaltleiteransprechpunkt funktioniert die Notabschaltung dieser alten Grenzwertgeber nicht zuverlässig. Neue Grenzwertgeber mit geschlitzter Schutzhülse, bieten eine höhere Funktionssicherheit. Obwohl klar unzulässig und in der Branche bekannt, werden auch die neuen Grenzwertgeber als Mengenbegrenzer bzw. als Abschalter für die Befüllung missbraucht. Das Argument, dass der Grenzwertgeber ja elektrisch angeschlossen ist und aufheizt, schafft eine trügerische Sicherheit.
Eine weitere Gefahr bei älteren Batterietanks sind unterschiedliche Füllstände in den Tanks. Diese können sich bei nicht mehr ordnungsgemäß funktionierenden Entnahme- bzw. Saugleitungen einstellen. Alle Behälter müssen den gleichen Füllstand aufweisen. Die Füllstände müssen auch während der Befüllung leicht erkannt werden können. Deshalb sollte jeder einzelne Behälter einer Batterietankanlage über eine Tankuhr verfügen, damit die Freimenge ermittelt werden kann.
Kann eine ordnungsgemäße Befüllung nicht sichergestellt werden, muss der Tankwagenfahrer die Belieferung ablehnen. Erkannte sicherheitsrelevante Mängel an der Anlage sollte der Tankwagenfahrer schriftlich festhalten.
Wer sich beim Zustand eines Heizöltanks und zugehöriger Sicherheitseinrichtungen nicht sicher ist, zieht am besten einen nach Wasserrecht zugelassenen Fachbetrieb (z. B. Tankschutzunternehmen) oder einen AwSV-Sachverständigen zu Rate. Durch zugelassene Sachverständige überprüfte Anlagen erhalten ein Prüfsiegel mit Prüfdatum, auf welches sich wiederum der Befüller verlassen darf.
Peter T. Harling
Häufige Ursachen für Überfüllschäden insbesondere bei Heizöl- und Dieseltankanlagen:
- Keine oder ungenaue Freiraummengenermittlung (Peilen) unternommen (Gründe: unzureichende Einsehbarkeit, fehlende/defekte Inhaltsanzeigen, zugestellte Auffangräume, schlechte Lichtverhältnisse)
- Absichtliche/vorsätzliche Benutzung des Grenzwertgebers als Abschaltvorrichtung
- Überbrückung oder Nichtbenutzung des Grenzwertgebers
- Unterschiedliche Füllstände in Batteriebehältern (zugesetzte Entnahmeleitung)
- Materialschwäche/-ermüdung (die Anlage senkt sich, Leitungen bekommen Spannungen)
- Fehlende oder mangelhaft montierte Sicherheitsschellen in der Füllleitung
- Fehlender Abgleich zwischen Abfüllmenge und Veränderung der Tankinhaltsanzeige
- Fehlerhafte Zuordnung von Anschlüssen und Behältern
Peter T. Harling
Sachverständigenbüro SWS
Sachverständiger nach § 36 GewO / § 52 AwSV für Tankanlagen und Tankschutz
Wensestr. 3, 29223 Celle
Tel. 05141 95 17 9 23
p.harling@sws-sv.de
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